08.04.2025 – Satellitengestützte Erdbeobachtung (EO) hat sich zu einer strategisch zentralen Ressource für Staaten, Unternehmen und internationale Organisationen entwickelt. Ob in der Klimabeobachtung, sicherheitsrelevanten Aufklärung oder kommerziellen Analyse: Die Datenflut aus dem All wirft komplexe juristische Fragen auf. Wir analysieren die rechtlichen Rahmenbedingungen der EO-Datennutzung, insbesondere an der Schnittstelle von ziviler, militärischer und dual-use-Anwendung. Dabei werden internationale Verträge, europäische Entwicklungen und regulatorische Herausforderungen in der Industrie beleuchtet. Ziel ist es, Unternehmen und Organisationen Handlungsoptionen für eine rechtssichere und zukunftsfähige Nutzung von Erdbeobachtungsdaten aufzuzeigen.

  1. Die strategische Bedeutung von Erdbeobachtungsdaten

Erdbeobachtungsdaten sind zu einem kritischen Infrastrukturbaustein geworden. Satellitenbilder unterstützen nicht nur Umweltüberwachung und Katastrophenhilfe, sondern auch militärische Aufklärung, Grenzschutz, Infrastrukturplanung und Wirtschaftsanalyse. Die Verfügbarkeit hochauflösender Daten durch staatliche und kommerzielle Satellitenanbieter wie Copernicus, Maxar, Airbus Intelligence oder Planet Labs ermöglicht eine nahezu globale Abdeckung mit hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung.

Mit dieser wachsenden Verfügbarkeit steigen zugleich die Anforderungen an die rechtliche Einordnung und Nutzungssicherheit. Besonders relevant wird dies, wenn Beobachtungsdaten mit KI-Technologien kombiniert werden, die automatisierte Auswertung, Mustererkennung und Entscheidungsunterstützung ermöglichen – etwa bei der Erkennung militärischer Aktivitäten oder kritischer Infrastruktur. Hier prallen technologische Möglichkeiten und rechtliche Unsicherheiten direkt aufeinander.

  1. Internationale Rechtsgrundlagen

Der rechtliche Rahmen beginnt mit dem UN-Weltraumvertrag von 1967, der unter anderem das Prinzip der friedlichen Nutzung des Weltraums und die Verantwortung von Staaten für im All tätige private Akteure festschreibt. Weitere normative Grundlagen liefern die UN-Prinzipien zur Fernerkundung der Erde aus dem Weltraum von 1986, die insbesondere die Nichtdiskriminierung, das Prinzip der offenen Datenverfügbarkeit und die Informationspflicht gegenüber beobachteten Staaten betonen.

Zunehmend in den Fokus rückt jedoch die Frage, wie diese Grundprinzipien auf moderne Szenarien angewendet werden können – etwa bei der Erhebung von Sensordaten mit submeter-genauer Auflösung, der Integration in KI-Systeme oder dem Verkauf von Beobachtungsdaten an sicherheitsrelevante Akteure. Souveränitätsfragen, Verantwortlichkeiten bei der Auswertung und neue Formen der privaten Informationsdominanz erfordern eine Weiterentwicklung oder Neuinterpretation des geltenden Völkerrechts.

  1. Nationale & EU-bezogene Entwicklungen

Die Europäische Union hat mit Programmen wie Copernicus, Galileo und GOVSATCOM eine strategische Raumfahrtagenda formuliert, die explizit auch sicherheits- und verteidigungspolitische Aspekte adressiert. Im Zentrum steht die angestrebte „strategische Autonomie“ Europas bei weltraumgestützten Technologien.

Gleichzeitig wird an einem EU-Raumfahrtgesetz gearbeitet, das Grundregeln für Betreiber, Datenverarbeiter und Nutzer von EO-Daten definieren soll. Aspekte wie Lizenzpflichten, Sicherheitsanforderungen, Datenverantwortung, Interoperabilität und nationale Schutzinteressen stehen dabei im Fokus.

Auch auf nationaler Ebene gibt es erste Gesetzesinitiativen, etwa in Deutschland das Satellitendatensicherheitsgesetz. Dieses regelt unter anderem die Genehmigungspflicht für die Übertragung von hochauflösenden EO-Daten ins Ausland, die Klassifizierung von besonders schutzbedürftigen Daten sowie die Pflichten privater Anbieter im Hinblick auf Sicherheit und Datenverfügbarkeit.

  1. Risiken & Compliance-Fragen in der Praxis

Für Unternehmen ergeben sich eine Vielzahl praktischer Rechtsfragen im Umgang mit EO-Daten:

  • Lizenzierung und Weitergabe: Welche Nutzungsrechte gelten bei kommerziell bezogenen Satellitendaten? Wie können Sub-Lizenzen rechtssicher vergeben werden? Gibt es Beschränkungen in Bezug auf Drittnutzer oder Export?
  • Haftung und Fehlerfolgen: Wer haftet bei Fehlern in der KI-gestützten Bildauswertung, etwa bei Falschinterpretationen in sicherheitsrelevanten Anwendungen?
  • Exportkontrolle und Dual-Use: Fallen bestimmte Daten oder Datenprodukte unter Exportkontrollrecht (z. B. wenn sie militärische Infrastruktur betreffen)? Welche Genehmigungen sind notwendig?
  • Datenschutz und Persönlichkeitsrechte: Inwieweit können Personen, Fahrzeuge oder Gebäude identifizierbar sein? Wie greifen DSGVO und nationale Datenschutzregime hier ein?
  • Vertragsgestaltung: Wie müssen Lizenz-, Kooperations- und Datenverarbeitungsverträge formuliert sein, um rechtliche Risiken zu minimieren?
  • Internationale Kooperation: Wie geht man rechtlich mit Kooperationsprojekten um, in denen ESA, NATO, US-Behörden oder NGOs gemeinsam EO-Daten generieren und auswerten?
  1. Handlungsempfehlungen für Unternehmen

Um rechtlich sicher mit EO-Daten umzugehen, empfiehlt sich:

  • Vertragliche Absicherung: Sorgfältige Prüfung von Lizenzverträgen, Nutzungsbedingungen und Sub-Lizenzklauseln
  • Risikomanagement für KI-Prozesse: Etablierung von Prüfverfahren für KI-gestützte Auswertungen und deren Ergebnisverwertung
  • Datenklassifizierung: Einführung interner Klassifizierungssysteme für Beobachtungsdaten (z. B. sensitiv, exportrelevant, personenbezogen)
  • Dokumentation: Aufbau transparenter Datenflüsse – Herkunft, Verwendungszweck, Weitergabe und Aufbewahrung müssen nachvollziehbar dokumentiert sein (Audit-Trail)
  • Frühzeitige Einbindung von Recht & Compliance: EO-Projekte sollten von Beginn an rechtlich flankiert werden – insbesondere bei grenzüberschreitenden Kooperationen oder Verteidigungskontexten
  1. Ausblick: Regulierungstrends & offene Fragen

In den kommenden Jahren ist mit einer signifikanten Ausweitung internationaler und europäischer Regulierungen zu rechnen. Dazu zählen unter anderem:

  • Der EU AI Act, der auch die Verarbeitung von EO-Daten in „High Risk Systems“ reglementieren wird
  • Neue Vorschläge für ein EU Space Law Framework, das Betreiberverantwortung und Sicherheitsstandards vereinheitlichen soll
  • Verschärfungen im Exportkontrollrecht, insbesondere bei Dual-Use-Daten

Offene Fragen bestehen u. a. in folgenden Bereichen:

  • Wer trägt rechtlich die Verantwortung für automatisierte Interpretationen durch KI?
  • Können urheberrechtliche Schutzrechte auf generierte Datenprodukte angewendet werden?
  • Wie weit reichen staatliche Zugriffsrechte auf privat erhobene sicherheitsrelevante Daten?
  • Was passiert bei sicherheitsrelevanten Fehlnutzungen (z. B. unautorisierte Auswertung durch Drittstaaten)?

Wir verfügen über langjährige Erfahrung im Bereich Satelliten- und Fernerkundungsdaten und unterstützen Sie bei der Lösung dieser Fragestellungen. Vereinbaren Sie gerne einen Termin für ein unverbindliches Erstgespräch. Ansprechpartnerin: Dr Jana Jentzsch.